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O tempora o mores

Kommentare zum Zeitgeschehen

Demontage des Sozialen

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Kommentare zum Zeitgeschehen

(Hier sind Texte veröffentlicht, die zwischen 2007 und Februar 2014 entstanden sind. Aktuellere Kommentare finden sich im Blog unter blog.gutzmer.de!)

Themenübersicht:

Abhörskandal (Snowden) • Begnadigung (1) • Christliche Nächstenliebe (Hartz IV) • Demokraten (lupenrein) • Demokratie (Grenzen 1, 2, 3, 4, 5, Berlusconisierung) • Diäten (Automatische Erhöhung, Leistungsbezug) • Einkommen (hohe) • Finanzkrise (Milliardengrab 1, 2, Verantwortung, Social Sponsoring) • Gewalt (1, 2, Jugend-) • Gewinne (hohe) • Gier (1, 2) • G 8-Gipfel (1) • Generationenkonflikt (1) • Hartz IV (Rausch, Armut, Arroganz der Macht) • Kapitalismus (1) • Kapitalverbrechen (1) • Klimawandel (1, Kosten) • Klonen (Krone der Schöpfung ) • Lauschangriff (1) • Leistung (1, 2) • Leistungsträger (1, 2, 3) • Lobbyismus (1) • Medien (unabhängige) • Menschliches Maß (1)• Mindestlohn (1) • Mittelmaß (1) • Moratorium (1)• Neid (Sozial-, Leistungs-) • Neoliberalismus (Gemeinplätze des: 1) • Politiker (Nebeneinkünfte) • Religion (Absolutheitsanspruch, Beschneidung) • Revolution (1, 2 )• Schuldenkrise (Umverteilung) • Schutz des Eigentums (1) • Verantwortung (1, 2) • Vertrauen (Finanzmärkte) • Untreue (1) • Urheberrecht (1, 2)

Lupenreine Demokraten
Unser Freund lupenreiner Demokraten fühlte sich mal wieder aufgerufen, die Berichterstattung deutscher Medien über ein aktuelles internationales Spektakel als reichlich unfair und – schlimmer noch – ideologisch geprägt zu kritisieren. Jewgeni Witischko, Geologe, Kritiker des besagten Spektakels und soeben rechtskräftig zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt, wird diese Einschätzung zweifelsohne jederzeit gerne bestätigen. Aber mal ganz ehrlich: Wahrscheinlich können wir froh sein, dass Putins Busenfreund 2005 vor die Tür gesetzt wurde. Wenn er sich wirklich das russische Demokratieverständnis zu eigen gemacht hat, wären wir ihn vielleicht nie wieder losgeworden ... (12.02.2014)
 
Historisches Halbwissen
John Perry hat in einem Brief an The Wall Street Journal einen zunehmenden Hass auf die reichsten ein Prozent beklagt: "I perceive a rising tide of hatred of the successful one percent." Aus offensichtlicher Unkenntniss historischer Zusammenhänge heraus fühlt er sich an die Reichskristallnacht erinnert. Hätte er sich etwas eingehender mit Geschichte befasst, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass eine viel größere Analogie zum Frankreich Louis XVI. besteht. Auch damals lebte eine Minderheit in einer Art Parallelgesellschaft. Was ihr allerdings nicht gut bekommen ist. Insofern ist seine Angst vielleicht ja doch berechtigt. (02.04.2014)
 

Der Griff in fremde Taschen
Es ist kaum zu erwarten, dass eine hinreichende Mehrheit unserer Volksvertreter genügend demokratisches Rückgrat besitzt, der von der großen Koalition beabsichtigen Veruntreuung der Rentenbeiträge die Zustimmung zu verweigern. Die dringend gebotene Honorierung der Erziehungsleistung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der alle gesellschaftlichen Gruppen und wirtschaftlichen Akteure – die Beamten und Politiker eingeschlossen – beizutragen haben. Der Griff in die Rentenkasse führt demgegenüber zu einer einseitigen Belastung eher kleiner und mittlerer Einkommen der Arbeiter und Angestellten, die auf lange Sicht das Rentensystem als Ganzes in Frage zu stellen droht.
Die Dreistigkeit unserer großen Koalitionäre macht ein Stück weit sprachlos, aber vielleicht ist von einem von Beamten dominierten Parlament auch nicht mehr zu erwarten. Die Zusammensetzung nicht nur des neuen Bundestages legt den Verdacht nahe, dass eben die zur Kasse gebetene Klientel über keine adäquate Interessensvertretung im Bundestag mehr verfügt. Eine Zustimmung zu der beabsichtigten zweifelhaften Finanzierung der sog. Mütterrente trägt also unmittelbar zur Verschärfung der Legitimitätskrise der gegenwärtigen politischen Ordnung bei. (19.12.2013)

 

Eine heiße Kartoffel
Die ganze gespielte Empörung bundesdeutscher Politiker angesichts der jüngsten Abhöraffären hat etwas Hilfloses, zuweilen auch etwas Erbärmliches. Wo immer sie sich hierzu zu äußern gezwungen sind, steht ihnen das Unbehagen geradezu ins Gesicht geschrieben. Sie winden und verbiegen sich und werden doch von Tag zu Tag nur unglaubwürdiger. Sei es, weil die Aktivitäten der NSA doch von jeher schon mit ihrem Wissen, vermutlich gar ihrer Zustimmung erfolgte, sei es, weil dieser Skandal offensichtlich macht, wie eingeschränkt doch die eigene Souveränität ist.
Warum wir übrigens wissen können, dass die Empörung alles andere als aufrichtig ist: Wäre sie es, die politischen Akteure müssten Snowden mehr als dankbar und ernsthaft um seine Unversehrtheit besorgt sein. Allen voran der BND und die Bundesanwaltschaft müssten alles daransetzen, um Snowden ausgiebig befragen zu können, und für die Bundesrepublik – dies das entscheidende Indiz – müsste es selbstverständlich sein, ihm ohne Vorbehalte Asyl zu gewähren. Stattdessen ist er längst zu einem Unberührbaren geworden, zu einer Unperson, die uns weitere Details hoffentlich erspart.
Derweil übrigens macht unser Schlapphutbeauftragter Friedrichs den Verantwortlichen seine Aufwartung, um sie – ja warum eigentlich? Um sie, unerschrocken wie er ist, zur Rede zu stellen? Oder ist es am Ende doch eher die faszinierende Technik, von der er sich ein Bild machen will? (12.07.2013)

 
Neoliberale Gemeinplätze
Adam Smith zufolge – und Neoliberale werden auch heute noch nicht müde, das zu betonen – ist die freie Marktwirtschaft eben jenes Wirtschaftssystem, das den größtmöglichen Wohlstand für die größte Zahl der Bürger garantiert. Allerdings haben Griechen und spanische Jugendliche da vermutlich ihre ganz eigene Auffassung. Nachtrag: Pakistanische Textilarbeiterinnen wollen in diesem Zusammenhang lieber ganz außen vor lassen! (02.07.2013)
 
Spy vs. Spy
Was eigentlich soll diese medienwirksam inszenierte Empörung allenthalben über die Abhörgewohnheiten amerikanischer und britischer Geheimdienste überdecken? Wollen uns unsere Politiker tatsächlich weismachen, sie hätten keine Ahnung davon gehabt? Die unterschiedlichsten parlamentarischen Anfragen und kritischen Presseberichte der letzten 20 Jahre zumindest lassen deutlich werden, dass sie es hätten wissen müssen. Wenn sie also tatsächlich unwissend waren, dann zeigt das nur, dass sie den Anforderungen ihrer Ämter nicht gewachsen sind. Schlimm genug! Aber leisten wir uns nicht selbst auch vergleichbare Dienste, denen nicht nur die – leider vergebliche – Gefahrenabwehr, sondern gerade auch die Abwehr eben solcher Lauschangriffe obliegt. Wenn also wirklich keiner der Verantwortlichen etwas gewusst hat: Welches Ausmaß an institutionalisierter Stümperei tut sich hier auf? Und ist das jetzt eigentlich zum Lachen oder Weinen? (02.07.2013)
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Leistungsträger
Es gibt übrigens genügend Beispiele in der Geschichte, in der exorbitanter Reichtum bzw. die Verfügungsmacht über die gesellschaftlichen Reichtümer und Leistung im weitesten Sinne sich nur schwer aufeinander beziehen ließen – man denke an Ludwig den XVI, dessen Leistung vor allem darin bestand, schlicht über die Verhältnisse seiner Untertanen zu leben und dessen Bedürfnisse darum letztendlich auf ein für alle tragbares Maß zurechtgestutzt wurden. (
13.01.13)
 
Leistungsträger
Versucht man näher zu definieren, was einen Leistungsträger in unserer Gesellschaft auszeichnet, stellt man fest, dass es nur unzureichende Kriterien gibt. Letztlich scheint sich diese Gruppe vor allem dadurch zu definieren, dass sie mehr, vielleicht sogar – natürlich völlig zu Recht – viel mehr verdient als der Durchschnitt! Hier drängt sich indes die Frage auf, ob ein exorbitantes Einkommen tatsächlich auch den Verdienst widerspiegelt. Handelt es sich in den überwiegenden Fällen am Ende doch eher um eine Leistung, die der feudaler Lehnsherren näher steht als jede Form sozialverträglicher Wertschöpfung? In unserer Geschichte zumindest ist der subtile Unterschied zwischen Leistungserbringer und Nutznießer eben dieser Leistung nicht fremd. Eher die Regel denn die Ausnahme scheint dieser Unterschied geradezu konstitutiv für das zu sein, was wir Zivilisation nennen. (13.01.13)
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Leistungsträger
Seitdem es in unserer Gesellschaft weder Schichten noch Klassen und schon gar keinen Klassenkampf mehr gibt, greifen bestimmte Kreise dieser Gesellschaft zur Umschreibung ihres eigenen Selbstverständnisses gern auf den Begriff des Leistungsträgers zurück. Er klingt so wenig anstößig, gibt sich rein deskriptiv und ist doch voller subtiler Implikationen. Seine Konnotationen sind so durchweg positiv, so unmittelbar gesellschaftstragend und unhintergehbar, dass er jede Kritik eben dieser exklusiven Akteure verbietet. Und indem er diese jedem Zweifel enthebt, bezweifelt er zugleich den Wert aller anderen. Denn wer keine hinreichende Leistung erbringt, ist eigentlich auch überflüssig, hat zumindest keine überzogenen Ansprüche zu stellen. (06.01.2013)
 
Wohlstand für alle
Der Kapitalismus ist zweifellos nicht geeignet, allen Menschen ein Leben in angemessen wohlhabenden Verhältnissen zu erlauben. Der absolute wie relative Wohlstand der einen wird immer erkauft durch das Elend der anderen. In den klassischen Industrienationen lässt sich gerade beobachten, wie das Elend in eben dem Maße wieder ansteigt, wie Teile der ehemaligen Peripherie einen wachsenden Anteil am Wohlstand für sich reklamieren.
Wollten wir dem Kapitalismus dennoch zutrauen, Wohlstand für alle realisieren zu können, müsste das System quasi in der Lage sein, die Entropie unserer Reichtümer, also die zunehmend gleichmäßige Verteilung derselben auf dem Erdball, zu organisieren. Die Erfahrung indes belehrt uns eines besseren: Es kommt im Gegenteil zu einer stetigen Konzentration der gesellschaftlichen Reichtümer in den Händen einer kleinen Minderheit. Zu glauben, hierbei handele es sich nur um eine vorübergehende Tendenz, erscheint dann doch zu naiv. Oder wollen wir allen Ernstes glauben, dass angesichts der exponentiell wachsenden Bereicherung einer Minderheit noch genügend Reichtum erwirtschaftet wird, um auch die Bedürfnisse der großen Masse zu befriedigen? (29.12.2012)
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Beschneidung der Vernunft
Heute hat der deutsche Bundestag eindrucksvoll dokumentiert, dass ihm mehrheitlich archaische Rituale näher stehen als aufgeklärtes Denken. (Am 12.12.2012 verabschiedete der Bundestag mit deutlicher Mehrheit das sog. Beschneidungsgesetz)
 

Revolution
Für das 18. Jahrhundert konstatiert Starobinski, die Menschen seien zunehmend gewahr geworden, „daß die außerordentliche Freiheit einiger weniger die Freiheit aller gefährdet.“ Dieser Umstand gilt auch heute noch – oder aber wieder, allein das Fundament dieser Freiheit ist ein anderes. Es ist nicht mehr die politische Macht des von Gott legitimierten Souveräns – Quell der Freiheit und des politischen Einflusses heute ist die wirtschaftliche Macht, also der Reichtum. Was auf die damalige Erkenntnis folgte, ist Geschichte – die heutigen Konsequenzen sind noch offen. (Juli 2011)
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Religion
Jede Religion birgt in sich den Keim der Intoleranz. Täte sie das nicht, würde sie, noch bevor sie irgendeine Deutungsmacht erlangt hätte, jeden Anspruch auf eine solche preisgeben. Sie könnte sich schlicht nicht von anderen Phantasmen abheben. Dessen ungeachtet ist Intoleranz natürlich keineswegs das unausweichliche Attribut jedes Glaubensbekenntnisses oder seiner Gläubigen. Letztlich gibt es sie nicht einmal, diese jederzeit mit sich identischen Glaubensbekenntnisse, die mit nur einer Stimme sprechen. Nicht einmal die großen Religionsgemeinschaften, die sich einem Stellvertreter Gottes auf Erden unterwerfen, zeigen uns dieses widerspruchsfreies Antlitz, in dem sich die Wahrheit zweifelsfrei offenbart. Doch es gibt sie nach wie vor, die vielen Eiferer, die genau dies für sich reklamieren. Solange dieser Anspruch auf Unbedingtheit innerhalb der Grenzen einer Glaubensgemeinschaft gelebt wird und allgemeine Gesetze wie das der körperlichen Unversehrtheit oder das Diskriminierungsverbot nicht verletzt werden, ist nichts dagegen einzuwenden. Zielen diese Ansprüche indes auf die Menschen außerhalb der Glaubensgemeinschaft, um auch sie den partikularen Glaubenssätzen zu unterwerfen, so ist jedwede Grenze überschritten. Für dergleichen ist in modernen Gesellschaften kein Platz. (04.11.2012)
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Geld und Macht
15.000 € Honorar für einen Vortrag Steinbrücks bei der Sarasin-Bank. Was, so die Frage, die sich unmittelbar aufdrängt, macht ihn so wertvoll für die Finanzwirtschaft? Was kann es sein, das seine Worte im Angesicht der Investmentbanker und Investoren vergoldet? Allein – es ist dies die falsche Frage. Nicht das Geschwätz birgt den Mehrwert. Die Veranstalter zahlen für die intime Liaison von Geld und Macht, in der sich Geld unmittelbar in Macht verwandelt. Und seien wir's gewiss, die Gastgeber sind nicht gerade bekannt für wenig renditeträchtige Investitionen. Spätestens hier müsste es eigentlich klar werden: Es ist nicht unser Kandidat, der den Banken endlich mal längst überfällige wie unliebsame Wahrheiten ins Gesicht schleudert. (05.12.2012)
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Grenzen der Demokratie
Eine Demokratie kann sich maßlose Vermögen in privater Hand nicht leisten. (05.12.2012)
 

Schuldenkrise als Umverteilungsmaschinerie
Die sogenannte Schuldenkrise ist weniger eine Frage zu hoher Staatsausgaben als vielmehr viel zu niedriger Steuereinnahmen. Jahre-, ja jahrzehntelang verzichtet der Staat auf einen angemessenen Anteil an der Produktivitätsentwicklung, schont die privaten Gewinne und erlaubt den großen Vermögen ein exorbitantes, eigentlich sittenwidriges Wachstum. Mit der Konsequenz, dass ihm die finanziellen Mittel fehlen, um erforderliche Investitionen tätigen und einen sozialen Ausgleich garantieren zu können. Da trifft es sich ganz gut, dass die zuvor Geschonten gar nicht wissen, wohin mit dem vielen Geld. Also leihen sie es dem Staat (Neuverschuldung 2011: rund 80 Mrd. Euro), der damit zumindest wieder einen Teil seiner Einbußen kompensieren kann. Der wiederum revanchiert sich in Form von satten Zinszahlungen (2011: rund 38 Mrd Euro). Das perfide an diesem System: Über die Zinsen holen sich die Schuldner nicht nur einen beträchtlichen Anteil der wenigen Steuern zurück, die sie zuvor noch leisten mussten, sondern schröpfen auch noch den Rest der Steuerzahler. Der Staat selbst also fungiert so als gigantische Umverteilungsmaschinerie. Aber das hat bestimmt nichts mit der besonderen Nähe der Wirtschaftselite zu weiten Teilen unserer Volksvertreter und politischen Führungselite zu tun. (20.12.2011)
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Kapitalverbrechen
Jegliche Spekulation auf Nahrungsmittel ist ein Kapitalverbrechen. Zum Leidwesen der Opfer aber sitzen die Täter - noch - auch auf dem Richterstuhl. (20.12.2011)
 

Grenzen der Demokratie
Es widerspricht dem Grundgedanken der Demokratie, wenn eine Minderheit sich ein Übermaß an gesellschaftlichem Reichtum unter den Nagel reißt. Die darauf beruhende direkte und indirekte, wirtschaftlich begründete Einflussnahme auf politische Entscheidungsprozesse kontakariert vorgeblich demokratische Entscheidungsprozesse. Eine Gesellschaft, die ihre demokratische Verfasstheit ernst nimmt, muss also vor allem die Konzentration des gesellschaftlichem Reichtums in den Händen weniger verhindern – gelingt ihr das nicht, hat sie ein existentielles Legitimationsproblem. (06.05.2011)
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Neid und Mittelmäßigkeit
Auch ein künstlerisches Genie entblößt sich zuweilen, wenn es sich zu sozialen oder politischen Fragen äußert. Zu kurz gedacht, viel zu kurz möchte man meinen, wenn Markus Lüpertz anläßlich seines 70. Geburtstages die Neiddebatte bemüht, um den Zustand der deutschen Politik zu beschreiben. Was bitte soll das sein? Neidisch können doch nur die sein, die eigentlich schon genug haben und mit gierigem Blick auf eben jene schielen, die noch mehr haben. Die, die kaum genug haben – ganz gleich, ob sie sich anstrengen oder nicht –, können nicht neidisch sein; sie können allenfalls gerechte Empörung über eine Politik äußern, die nicht in der Lage ist, die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für eine halbwegs gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums zu schaffen.
Und wie, bitte, soll man es verstehen, wenn er von Leistungsneid spricht. Ist es Neid, wenn wir uns über Banker und Zocker echauffieren, die dem Sozialwesen Kosten in Milliardenhöhe aufhalsen und sich auch dabei noch bereichern?
Und was schließlich soll das sein: Das Mittelmaß, dass vermeintlich unsere Demokratie ausmacht? Gibt sich da gar der Libertin zu erkennen, dem das ganze demokratische Gewäsch eigentlich zu wider ist? Eben das will er uns sagen: Denn nur „in der Mittelmäßigkeit ist man lenkbar“ (WAZ, 23.04.2011). Und genau darum geht es: Sie – diese „Kreativen“, die unseren gesellschaftlichen Reichtum im Übermaß abschöpfen – brauchen keine gebildete Menschen mit sozialem Gewissen, die der Gier Grenzen zu setzen in der Lage sind! Sie brauchen phlegmatische, allenfalls „neidische“ Massen, die sich eben lenken lassen. Und nun verstehen wir auch die Bildungspolitik der letzten 20 Jahre! (29.04.2011)
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Das Moratorium – ein Akt verantwortlichen Handelns?
Was Merkels Moratorium einzig zu zeigen in der Lage ist: Dass die Bundesregierung die Laufzeitverlängerung auch im Herbst schon bestehenden Sicherheitsmängeln zum Trotz durchgesetzt hat. Bleibt die Frage: unwissentlich oder wider besseres Wissen? Und was ist schlimmer: eine ahnungslose Regierung – was mag sie sonst noch so Bedenkliches auf den Weg gebracht haben – oder eine, die sich bewusst gegen das Wohl ihrer Bürger entschieden und damit ihren Eid gebrochen hat? (16.03.2011)
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Das Rätsel der menschlichen Psyche
Das Rätsel der menschlichen Psyche: Dass Menschen den Menschen unendliches Leid zufügen können, ohne dafür unmittelbar zur Rechenschaft gezogen zu werden – dass die Peiniger in der Regel sogar um so weniger zu befürchten haben, um so größer, weil kollektiver das Leid ist. (14.03.2011)
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Menschliches Ermessen
„Nach menschlichem Ermessen“ – so die beschwichtigende Floskel, mit der die Apologeten der Atomkraft, aber auch anderer Risikotechnologien jene Beschwörungen einleiten, die uns glauben machen sollen, die getroffenen Sicherheitsvorkehrungen seien hinreichend. Wenn uns die Ereignisse in Japan aber eines lehren: Das menschliche Ermessen ist bei Fragen, die jedes menschliche Maß übersteigen, einfach nie genug. (14.03.2011)
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Eigentum verpflichtet
Man muss sich diese selbstherrlichen Äußerungen so mancher Finanzjongleure und Analysten einmal richtig auf der Zunge zergehen lassen: Diese oder jene Regierung habe das Vertrauen der Finanzmärkte verspielt – eine andere wieder sei – in der Regel dank massiver sozialer Einschnitte – auf dem besten Wege, es zurückzugewinnen … Aber warum sollte uns eigentlich am Vertrauen derjenigen gelegen sein, die jüngst doch selbst erst jegliches Vertrauen verspielt haben und bisher doch so gar nichts unternommen haben, es ihrerseits zurückzugewinnen? Weil sie das Geld, mithin die Macht und den Einfluss haben? Aber doch nur, solange wir ihnen die Verfügungsgewalt darüber einräumen!
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Liberal-konservative Arroganz der Macht
Die perfide Logik liberal-konservativer Arroganz der Macht: Wir drücken möglichst viele Menschen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Anschließend ziehen wir auch diese Gruppe heran, um einen vermeintlich durchschnittlichen Warenkorb zu berechnen, der es schließlich erlaubt, ein schon zuvor eher willkürlich, allein fiskalischen Erfordernissen genügendes Existenzminimum zu legitimieren. Und wenn dann der Aufschrei der Gutmenschen losbricht, dann zaubern wir das Lohnabstandsgebot aus dem Hut, um auch noch die in unserem Sinne zu instrumentalisieren, deren Arbeitskraft uns – wenn wir ehrlich sind – einen Dreck wert ist. So jedenfalls ist sichergestellt, dass sich der Reichtum einiger weniger ausgewählter Schmarotzer auch in den Zeiten der Krise reichlich mehret. (28.09.2010)
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Bekämpfung der Armut
Welches Unmaß geistiger Umnachtung – oder ist doch nur Einfalt gepaart mit Zynismus – greift um sich, wenn selbst in der SZ ein Marc Beise die offenbar ernst gemeinte Behauptung aufstellen darf, dass Rot-Grün mit den Kürzungen im Sozialbereich die Arbeitslosigkeit reduziert hat und der damit allenfalls zufällige Koinzidenzen in kausale Wirkungszusammenhänge umdefiniert, die jegliche Anhebung der Hartz IV-Sätze verbieten. Folgerichtig müsste man also schlicht das Krankengeld und die Lohnfortzahlung weiter kürzen, um nicht nur den Krankenstand, sondern unser aller gesundheitliches Befinden selbst nachhaltig zu steigern. Und eine Senkung des Rentenniveaus sollte wiederum unmittelbar Auswirkungen auf die Zahl unserer Rentner haben (was irgendwie wahrscheinlich auch stimmt …) Jedenfalls ist das ein geradezu orwellscher Fingerzeig, wie denn die Armut am einfachsten aus der Welt zu schaffen ist: Senken wir das Existenzminimum – hunderte Millionen Menschen zeigen uns tagtäglich, dass ein bisschen dreckiges Wasser und ab und zu eine handvoll Reis zum Überleben mehr als genug sind – und noch der Ärmste unter unseren Hartz-IV-Begünstigten darf sich wieder fühlen wie ein Krösus! (28.09.2010)
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Christliche Nächstenliebe
Es gibt tatsächlich Christen, die sich nicht schämen, schulpflichtigen Kindern ins Gesicht zu sagen, dass 251 € monatlich eigentlich schon zu viel für sie sind, sie der Mutter der Nation also wirklich dankbar sein dürfen. – Hier wird christlich zum Schimpfwort, zum Synonym für Hybris und Arroganz, und wirft die Frage auf, wie man solcherart Gemein-Sinn adäquat begegnet? (28.09.2010)
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Im Rausch der Dummheit
Verfolgt man die Diskussion über die Neuberechnung der Hartz-IV-Regelsätze, möchte man zuallererst glauben, jeglichen Sinns beraubt zu sein. Dann macht Ratlosigkeit sich breit: Welcher Unverfrorenheit bedarf es, um aus der angemessenen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil anmahnte, nun die schlichte Existenzsicherung zu machen, die es geeignet erscheinen lässt, das Bier kurzerhand durch Wasser zu ersetzen. Dann weicht die Ratlosigkeit der Fassungslosigkeit, wenn selbst schnautzbärtige, offensichtlich überbezahlte, weil zu keinerlei Empathie wie Rationalität mehr fähige Kommentatoren öffentlich-rechtlicher Anstalten sich entblöden, die einen Opfer kapitalistischen Alltags – die Geringstverdiener, denen wir einen sozial akzeptablen Mindestlohn schlicht verweigern – gegen die anderen – die sog. Hartz-IV-Bezieher, denen wir nicht einmal mehr eine schlecht bezahlte Arbeit anbieten können – auszuspielen, indem sie es gar als Gerechtigkeitsgewinn verkaufen, dass die einen nun den Rausch der anderen nicht mehr zahlen müssen. Entsetzen schließlich ergreift einen, vergegenwärtigt man sich, dass es hier gerade einmal um ein paar Euro monatlich geht – welch unermesslicher Quell elendsentrückenden Rausches! Ohne hier klären zu wollen, ob Kultur nicht immer auch schon die Lust am Rausch impliziert – und sei es nur die des Flagellanten – eines scheint gewiss: In den zahllosen Entgleisungen der Dummschwätzer jeglicher Couleur entblößt sich schlicht der Rausch der Dummheit! Wird es nicht höchste Zeit, dass wir dieses Ausmaß geistiger Verwirrung dahin schicken, wo es wohl geborgen ist? (27.09.2010)
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Grenzen der Demokratie
Gewalt sei kein probates Mittel der politischen Auseinandersetzung — so die einhellige Meinung, die aus aktuellem Anlass einmal mehr gebetsmühlenhaft beschwört wird. Gewiss, im idealen demokratischen Diskurs, in dem die Kontrahenten um das beste Argument ringen, ist sie geradezu selbst die größte Gefahr. Was aber ist angesichts der immer wiederkehrenden Demagogen, die so manchen Urnengang dank der besseren Propagandamaschine, letzlich also der besser gefüllten Kriegskasse für sich entscheiden und – einmal im Sattel – den Gegner nicht nur rhetorisch rücksichtslos bekriegen? Es ist noch nicht so lange her, dass – nicht nur – jeder Demokrat unendlich dankbar gewesen wäre, wäre der Einsatz von Gewalt nur erfolgreich gewesen. Die Frage nach der Legitimität der Gewalt ist zumindest also eine des Einzelfalls — und der Grenzen, die im konkreten Fall längst überschritten waren. (17.12.2009; Berlusconi wird Opfer eines Souveniers)
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Grenzen der Demokratie
Was zählt ein rationales Argument im demokratischen Diskurs gegen eine sechs, gar siebenstellige Wahlkampfspende? (17.12.2009)

 

Grenzen der Demokratie
Nun wird der hessischen Landesregierung auch von politisch Nahestehenden eine erhebliche kriminelle Energie bei der Amtsführung bescheinigt (Wilhelm Schlötterer (CSU); FR vom 09.12.2009). Allein — dieser Befund bleibt ohne Konsequenzen: Die Berlusconisierung der Politik greift auch diesseits der Alpen um sich. (15.12.2009)
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Öffentlich-rechtliches Fernsehen
Nicht, dass das ZDF ein Hort des kritischen Journalismus darstellt – aber eine gewisse Unabhängigkeit mochte man ihm dann doch nicht absprechen. Nun aber wissen wir, wem die öffentliche-rechtlichen Anstalten letztendlich gehören – einem Provinzdespoten und seinen Lakaien. (27.11.2009)

 

Urheberrecht
Die Kampagne deutscher Verleger für neue Leistungsschutzrechte ist ein weiterer Versuch der Kreativität vermarktenden Industrie, den Bürger – hier Leser – für dumm zu verkaufen. Ganz selbstlos machen sich unsere Verleger zum Anwalt der Autoren, um sie vor der drohenden Enteignung durch zahlungsunwillige Nutzer digitaler Medien zu schützen. Doch schon ein Blick in die Standardverträge deutscher Zeitungsverleger (Stichwort Total Buyout) lässt offenbar werden, wessen Rechte de facto auf dem Spiel stehen und also besonders geschützt werden müssen. (10.09.2009)
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Urheberrecht
Die kulturelle Bedeutung der elektronischen Medien wird gerne mit der des Buchdrucks verglichen. Dessen Leistung besteht darin, mündlich tradiertes und allenfalls handschriftlich festgehaltenes und zumeist wohlgehütetes Wissen massenhaft zu vervielfältigen und jedem, der des Lesens mächtig ist, zugänglich zu machen. Dies ist zugleich auch die Geburtsstunde des Autors und seines Pendants, des Verlegers, die erstmals in die Lage versetzt werden, Eigentumsrechte an Äußerungen geltend zu machen und wirtschaftlich auszubeuten. Das Urheberrecht ist also eine relativ junge kulturelle Errungenschaft. Theoretisch bereits von der intellektuellen Avantgarde Ende des 20. Jahrhunderts negiert, verschwinden der Autor und sein Urheberrecht, das er doch schon längst an den Verlag abgetreten hat, nun in der digitalen Welt wie am Meeresufer ein Gesicht im Sand – vielfachen Appellen und wenigen Verwertungsmonopolen zum Trotz. (27.05.2009)
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Milliardengrab
Dass Kapitalismus im Wesentlichen bedeutet, Kosten zu sozialisieren und Gewinne zu privatisieren, ist eine Binsenweisheit und kaum der Rede wert. Neu ist indes die Dimension dieses Prinzips, die jede Vorstellungskraft sprengt. Galt ein Sozialetat von 125 Milliarden gerade noch als eigentlich nicht mehr finanzierbar, so genügt diese Summe inzwischen kaum mehr, um eine einzelne Bank zu retten und wird doch ganz spontan bereitgestellt. Damit dürfte die Umverteilung gesellschaftlichen Reichtums eine neue Qualität erreicht haben. Während die Bezieher unterster bis mittlerer Einkommen von dem vorangegangenen Boom kaum profitiert haben, dürfen wir sicher sein, dass sie in Zukunft ihren nicht unerheblichen Teil zur Tilgung dieser Schulden beitragen werden – selbst die, die nichts haben, denn sie werden ihre Ansprüche an Sozialleistungen und vor allem Bildung halt noch weiter senken müssen!
Offensichtlich hält es der Staat nicht für notwendig, die Profiteure des vorangegangenen Booms, die zugleich auch mitverantwortlich für die Krise sind, angemessen an den Kosten ihrer Bewältigung zu beteiligen: Boni, Dividenden, Aktiengewinne oder überdurchschnittliche Vermögenszuwächse der vergangenen Jahre – sie alle bleiben unangetastet. Und so gibt der Staat wieder ein Stück seiner Legitimität, mithin Autorität preis. (12.02.2009)
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G 8-Gipfel
Die Strategie der G 8-Gegner war – bei rechtem Licht betrachtet – grundsätzlich falsch. Warum das Treffen der einflussreichsten Repräsentanten verhindern, wenn sie sich doch freiwillig einschließen? Was zu verhindern gewesen wäre: dass sie jemals wieder rauskommen. Sozusagen lebenslänglich für die Verantworlichen zahlreicher strafbewehrter Vergehen: Entführung, Folter, Unterstützung, vielleicht auch Bildung terroristischer Vereinigungen, Beginn eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges, Sturz demokratisch gewählter Regierungen, Korruption, Bestechung … (11.06.2007)
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Milliardengrab
Die aktuelle Finanzkrise, also das unverantwortliche Gezocke mit letztlich öffentlichen Geldern im globalen Casino, wird den Steuerzahler in den kommenden Jahren direkt (Stützung öffentlicher und privater Banken) oder indirekt (entgangene Steuern etc.) zig Millarden kosten. Vielleicht erinnern wir unsere Volksveruntreuer dann daran, wenn bei der Lesung der nächsten Haushaltsentwürfe mal wieder eifrig beteuert wird, dass alle ihren Konsolidierungsbeitrag leisten müssten, mehr Geld für freie Bildung, Jugendarbeit und andere nachhaltige soziale Programme leider nicht zur Verfügung stehe ... (18.03.2008)
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Leistung, die sich lohnt
Die Top-Manager betonen immer wieder, dass ihre Leistung angemessen vergütet werden müsse. Was aber machen wir denn nun mit denen, die unmittelbar zur aktuellen Finanzkrise beigetragen haben? Die haben aber auch den letzten Cent noch verspielt - rückwirkend und auf Jahrzehnte im voraus. (18.03.2008)
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Social Sponsoring
Das Loch, das die Finanzkrise in den nächsten Jahren in die öffentlichen Haushalte reißt, wird gigantisch sein. Man wird es dann nur nicht mehr unmittelbar mit der Krise in Verbindung bringen: Wenn das Geld für Erhalt und Betrieb der öffentlichen Schwimmbäder fehlt, wenn weitere Einrichtungen der freien Jugendarbeit schließen müssen, wenn wieder zahlreiche kommunale Angebote ersatzlos gestrichen werden. Aber vielleicht erinnern sich dann ja die Herren Ackermann und Konsorten ihrer Verantwortung und übernehmen die Finanzierung all der öffentlichen Aufgaben, die die öffentliche Hand selbst nicht mehr wird tragen können. (19.03.2008)
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Mindestlohn
Hüter unserer Wirtschaftsordnung wie Olaf Henkel sind wahrlich besorgt über drohende Konsequenzen des geforderten Mindestlohns, könnten sie doch keinem Inhaber eines Frisörsalons mehr in die Augen schauen, der gezwungen wäre, seinen Angestellten existenzsichernde Löhne zu zahlen. Wahrscheinlich müssen sie auch niemandem in die Augen sehen, der von seiner Arbeit längst nicht mehr leben kann. (04.02.2008)

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(Jugend-)Gewalt

Abgesehen von berechtigten Zweifeln, inwieweit der jüngsten Diskussion über Jugendgewalt überhaupt mehr als nur ein durchsichtiges politisches Manöver zu Grunde liegt und wir es denn tatsächlich mit einem rapiden Anstieg gewalttätiger Übergriffe zu tun haben — muss es uns nicht eigentlich viel mehr erstaunen, dass es angesichts kaum zu legitimierender sozialer Ungleichheit, unsäglicher Ungerechtigkeit und anhaltender wirtschaftlicher Ausbeutung so wenig Gewalt auf unseren Straßen gibt? (04.02.2008)
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Alle Gewalt geht vom Volke aus

Dieser leicht verkürzte Leitgedanke unserer politischen Ordnung scheint sich um so mehr und unmittelbarer zu bewahrheiten, als tagtäglich offensichtlicher wird, dass dem vermeintlichen Souverän die Verfügungsgewalt über die gesellschaftlichen Reichtümer und Ressourcen mehr und mehr entgleitet, sie vielleicht nie mehr als eine Illusion war. Wie artikuliert sich Ohnmacht doch noch gleich? (04.02.2008)
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Kosten des Klimawandels

Richtig ist, dass die zu erwartenden Kosten des nunmehr auch offiziell bestätigten Klimawandels beträchtlich sein werden. Falsch dagegen ist, dass all die, die seit dem ersten Bericht des Club of Rome, spätestens aber seit dem Bericht 'Global 2000' für den damaligen US-Präsidenten Carter maßgeblich zur weiteren Verschärfung des Gegensatzes Ökonomie und Ökologie beigetragen haben, ihrer Verantwortung gemäß an diesen Kosten sich beteiligen.

Dennoch wäre es an der Zeit, die weltweiten Medienarchive zu durchforsten und eine Art Who-is-who der Verantwortlichen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu erstellen. Vielleicht hilft es nicht so sehr unseren Kindern, wenn sie wissen, bei wem sie sich für die heißen Sommer bedanken können, als vielmehr den Millionen Flüchtlingen, die sich in wenigen Jahrzehnten auf den Weg zu uns machen werden, weil ihnen buchstäblich das Wasser bis zum Hals steht. Sie wissen dann, wo sie sich das zurückholen können, was ihnen Sonne und Meer genommen haben. (Oktober 2007)
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Die Krone der Schöpfung

Der Traum hinter dem Klonen: dass das Individuum in seinem Klon weiterlebt und dem ewigen Leben einen großen Schritt näher rückt. Dieses Phantasma wurzelt in einem banalen Irrtum, einer billigen Verwechslung. Denn was ist der genetische Code anderes als der Bauplan, der dem Individuum zugrunde liegt? Aber eben auch nur der Plan – nicht das Individuum selbst. Wer käme je auf die Idee, die Twin Tower nach den alten Plänen wiederaufzubauen – was wäre damit gewonnen?
Von den Verheißungen einzelner Genetiker geblendete Menschen offenbaren kaum mehr als ein schlichtes Gemüt gepaart mit unsäglicher Hybris: Geistigen Amöben gleich suchen sie Zuflucht in der ewigen Wiederkehr des Immergleichen, vergöttern sie den Status quo und sprechen ihren Nachkommen jedes Recht ab, über sie selbst hinauszuwachsen; sie negieren jedes Recht auf eine eigene Individualität und sie berauben letztendlich die Menschheit der Vielfalt ihrer Möglichkeiten.
Sie glauben wirklich, die Krone der Schöpfung zu sein!
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Unabhängigkeit trotz Nebeneinkünften

Politiker empören sich – auch juristisch – über die Offenlegung ihrer Nebeneinkünfte, weil sie dies als unzulässigen Eingriff in ihre Privatsphäre empfinden. Befürworter der Veröffentlichungspflicht mögen das skandalös finden, weil diese doch wesentlich zur Beurteilung der Unabhängigkeit unserer Mandatsträger beitragen kann – doch der Skandal steckt eigentlich in den Nebeneinkünften selbst. Bei den wahrlich nicht mageren Diäten und sonstigen Zuwendungen, die Politiker aus Steuergeldern erhalten, sollte man davon ausgehen dürfen, dass sie sich voll und ganz im Sinne ihres öffentlichen Auftrages engagieren. Haben sie tatsächlich noch so viel Zeit, sich anderen lukrativen Tätigkeiten zu widmen? Oder ist der Zeitaufwand für diese zahlreichen Nebentätigkeiten doch eher zu vernachlässigen? Dann ist ja alles in Ordnung? Fast – denn wenn es nicht der Zeitaufwand ist, der da honoriert wird … Aber nein – der politische Einfluss kann es nicht sein – es sind doch durchweg ehrenwerte Persönlichkeiten …
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Grundrecht auf Schutz des Eigentums?

Nach ihrem Scheitern vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wollen die Alteigentümer nun die UN Menschenrechtskommisssion bemühen, um ihre Ansprüche gegen die Bundesrepublik, letztlich also die Gesellschaft, durchzusetzen. Wäre es übertrieben, die "Erben" einmal zu fragen, ob das nach dem Krieg enteignete Vermögen/Eigentum seinerzeit (in feudalistischen, frühkapitalistischen oder auch nationalsozialistischen Zeiten) auch rechtmäßig erworben wurde und nicht dazu beigetragen hat, das unsägliche Grauen der Nazi-Diktatur zu ermöglichen bzw. zu verlängern? Und da die Ansprüche nach heutigem Recht eingeklagt werden, wäre es da nicht nur recht und billig, wenn auch der Erwerb heutigen Maßstäben genügte ...
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Generationenkonflikt

Der immer wieder bemühte Generationenkonflikt ist das gegenwärtig wohl beliebteste Instrument im politischen Diskurs, um von den eigentlichen Konflikten, dem Verteilungskampf um Reichtum und Arbeit, abzulenken. Das ganze Gerede von den dramatischen Konsequenzen einer vermeintlichen Überalterung der Gesellschaft macht nur dann Sinn, wenn man hinnimmt, dass die Menschen am Mehrwert des Produktivitätszuwachses und der stetig steigenden Geldmenge schlichtweg nicht oder in zunehmend geringerem Umfang beteiligt werden.
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Unsägliche Gier

Wenn der ehemalige Vorstandsvorsitzender der inzwischen insolventen AGIV tatsächlich Pensionsansprüche in Höhe von 120 Mio. € stellt, so ist das nur ein weiteres Indiz, dass die wirtschaftliche und politische Führung zumindest in Teilen jegliches Maß verloren hat. Eine solche Maßlosigkeit aber kann und darf sich eine Gesellschaft nicht leisten! Muss sie auch nicht ... oder etwa doch?
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Nur Neid?

Neid ist wahrlich ein schlechter Ratgeber und fällt auf den zurück, der sich ihm hingibt — gesellschaftliche Ächtung indes erfährt, wer sich des Sozialneids verdächtig macht. Damit dann ist jede Kritik an gesellschaftlichen Eigentumsverhältnissen eigentlich in toto erledigt: die der einen, die selbst etwas haben, weil sie sich der Doppelzüngigkeit schuldig macht und die der anderen, die nichts haben, weil sie eben nur neidisch sind. Neidisch auf all jene, die auch in "mageren" Zeiten ihren Besitz zu mehren verstehen und doch darauf verweisen können, dass sie im internationalen Vergleich nach wie vor schlecht abschneiden – genau, da ist er wieder, der Neid.
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Automatische Diätenerhöhung

Eigentlich doch eine ganz gute Idee: Man könnte die Diäten an die Entwicklung der Rentenbezüge oder gar an die Leistungen nach Hartz IV koppeln. Dann hätten diese beiden gesellschaftlichen Gruppen sogar noch eine Lobby!
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Leistungsbezogene Diäten
Was eigentlich spricht dagegen, die Entwicklung der Diäten an einen leistungsbezogenen Faktor zu koppeln? Bescheidene Basisbezüge könnten so bei erfolgreicher Arbeit vergoldet werden. In einen solchen Faktor müssten natürlich eine Vielzahl von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Indizes einfließen: Die allgemeine Entwicklung der Löhne, Renten und Sozialbezüge ebenso wie die Verteilung des Reichtums, die Arbeitslosenzahlen oder die Ergebnisse internationaler Vergleiche wie PISA ... (31.03.2006)
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Rekordgewinne
Von einer gewissen Höhe an sind Gewinne kaum mehr als ein Euphemismus für Diebstahl, weshalb entsprechende Einkommen schwerlich Verdienst genannt zu werden erlauben. Diebstahl deshalb, weil ein Produkt oder eine Dienstleistung offensichtlich zu teuer, eine gewährte Verzinsung zu niedrig bzw. veranschlagte Kreditkosten zu hoch, gezahlte Löhne zu unangemessen oder Produktionsbedingungen schlicht menschenunwürdig sind. Das ist heute nicht anders als zu Zeiten der Fugger oder der Krupps. (31.03.2006)
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Leistung, die sich lohnt
In der ein oder anderen Form ist die Feststellung, der zufolge es doch nur legitim sei, wenn Leistung sich (wieder) lohne, aus kaum einer (Fernseh-)Diskussion über die Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen wegzudenken. Meint: Wenn die Spitzeneinkommen zweistellige Wachstumsraten aufweisen, während das Gros der Gesellschaft auch schon mal reale Einkommenseinbußen hinnehmen muss und die Arbeitslosenzahlen weiter steigen, sei das doch ganz in Ordnung. Was man bei der Diskussion über Wirtschaft und Gesellschaft aber nie vergessen sollte: Leistung hat sich bisher immer nur für eine – mehr oder weniger große – Minderheit wirklich gelohnt. Das war in der antiken Sklavenhaltergesellschaft oder der Feudalgesellschaft nicht anders als in den modernen Industriegesellschaften, darüber kann auch die Entstehung der Demokratie, die Erklärung der Menschenrechte oder die Einführung des Sozialstaates nicht hinwegtäuschen. Überdurchschnittlicher Wohlstand verdankt sich immer noch der Ausgrenzung und der Ausbeutung, ist zu weiten Teilen kaum mehr als eine legale, halblegale oder eben illegale Form des Diebstahls, wenn nicht gar Raubes. Oder haben die Sklaven, die Bergleute und Industriearbeiter des 19. Jahrhunderts nichts geleistet, leisten etwa die in klassischen Ausbeutungsverhältnissen steckenden Arbeiterinnen in der südamerikanischen oder asiatischen Textilindustrie nichts? (07.05.2006)
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Lobbyismus
Wenn es stimmt – und Gegenteiliges scheint nicht in Sicht –, dass Leiharbeiter aus den Chefetagen der Wirtschaft federführend an der Formulierung die Interessen ihrer Geldgeber unmittelbar berührender Gesetze beteiligt waren und sind – was kann noch dafür sprechen, dass der Bürger sich diesen Gesetzen verpflichtet fühlt? Nichts! Es handelt sich um einen fundamentalen Verstoß gegen die Spielregeln der Demokratie – so fundamental, dass er das politische System im Ganzen radikal negiert. (2007)
Nachtrag: Aber es geht doch um die Nutzung excellenten, hochspezialisierten Sachverstandes, der in Politik und Regierungsapparat nicht mehr zu finden ist – mag der ein oder andere Befürworter dieser Praxis einwenden! Eben, wenn die Politik nicht mehr über die erforderlichen Kompetenzen verfügt, wie will sie dann noch ihre Entscheidungen legitimieren - offensichtlich versteht sie ja selbst nicht mehr, was sie da verabschiedet! (06.05.2011)
Noch ein Nachtrag: Jüngstes Beispiel ist unser Kandidat Peer Steinbrück, der sich als Finanzminister seinerzeit von den Lobbyisten der Banken ein Gesetz hat diktieren lassen, das unmittelbar die Steuerhinterziehung begünstigt, wie die Ermittlungen der Staatsanwalt bei der Sarasin-Bank offenbaren. Man mag kaum entscheiden, was schlimmer ist: dass es nicht aufgefallen ist oder dass es im Gegenteil bekannt war. Falsch ist auf jeden Fall, dass unser Kanditat ggf. Schadensersatz leisten will. (13.12.12)
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Begnadigung
Die öffentliche Diskussion um eine mögliche Begnadigung Brigitte Mohnhaupts und insbesondere Christian Klars wirft noch einmal die Frage auf, ob die Prozesse nicht vielleicht doch politischer waren, als die Politik dies seinerzeit zuzugeben bereit war. Was einst Gotteslästerung, dann Majestätsbeleidigung war, ist heute die Kapitalismus-Kritik – allein es fehlen die Instrumente, um sie zu sanktionieren. Einzig bei den RAF-Mitgliedern bietet sich die Gelegenheit, den Gnadenakt an die richtige Gesinnung zu knüpfen. (2007)

 

Klimawandel
Plötzlich, kaum liegt der Weltklimabericht der UN auf den Schreibtischen der Politik, hagelt es Betroffenheitsbekundungen und Appelle der Politiker an die Akteure in Wirtschaft und Politik, wird diesem oder jenem Untätigkeit, mangelndes Verantwortungsbewusstsein, mithin ein entsprechendes Maß an Schuld zur Last gelegt. Als hätten sie es schon immer gewusst. Dabei wissen wir es tatsächlich schon lange – spätestens seit den 70er Jahren, als der Club of Rome seinen ersten Bericht veröffentlichte. (Oktober 2007)

 

 

Stand: 11.04.2022